Rede von Stephan Kettner (BaLi-Stadtrat)
Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,
In was für einer Zeit leben wir? In einer Zeit, in der sich die sozialen und ökologischen Probleme immer weiter zuspitzen. Denjenigen, die am untersten Rand der Gesellschaft leben, wird nicht einmal die Grundsicherung gegönnt, während die Zahl der Milliardäre in Deutschland weiter steigt. Allein im letzten Jahr um 23, Da fragt man sich schon, wie wir uns in einer Rezession immer mehr Multimillionäre und Millardäre leisten, oder sind sie am Ende der Grund, weil sie von ihrem Vermögen eben nicht, wie jeder Bürgergeldempfänger wieder alles in den Wirtschaftskreislauf stecken.
Die Vermögensungleichheit ist gesellschaftliches Dynamit
In kaum einem anderen westlichen Land ist Vermögen so ungleich verteilt wie in Deutschland. Die Schere zwischen Arm und Reich geht kontinuierlich auseinander und entpuppt sich zunehmend als gesellschaftliches Dynamit. Die Gründe – etwa steigende Mieten und Lebensmittelpreise, ungerechte Lohnabgaben und vergleichsweise geringe Steuern auf Vermögen – sind vielfältig und weisen doch in eine Richtung: die Umverteilung von unten nach oben. Reichtum bleibt in den Händen einiger weniger, die es sich überwiegend nicht verdienen, sondern vererben.
Dass wir Reichtum nicht stärker besteuern, gefährdet unseren Wohlstand, unsere Umwelt und unsere Demokratie. Zudem gefährdet es zunehmend die kommunalen Haushalte. Und das in der weiterhin drittgrößten Volkswirtschaft der Welt.
Rezession hin oder her, es bleibt eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit. Und dann kommt noch die Schuldenbremse. Das Festhalten an ihr ist ebenso unsinnig wie die Politik der FDP. Das Festhalten an Sparzwängen, die oft jeder Logik entbehren, sehen wir auch in Bamberg. Zum Beispiel im öffentlichen Nahverkehr. Ein gut funktionierendes Verkehrssystem ist entscheidend, nicht nur für Mobilität, sondern auch für Chancengleichheit in unserer Stadt. Dennoch fing dieses Jahr mit der Streichung von Linien an, während die Fahrgastzahlen wieder deutlich ansteigen. Die Maßnahmen aus dem Verkehrsentwicklungsplan bleiben unerledigt, ebenso wie unser Antrag zur Konstituierung einer Arbeitsgruppe zu deren Umsetzung.
Gelder für sozialen Wohnungsbau fehlen, der Bedarf wächst
Ein weiteres zentrales Thema vieler Menschen in Bamberg ist die schwindende Zahl sozial geförderter Wohnungen. Wir alle wissen, dass der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum weiter wächst. Für die meisten Stadtratsmitglieder hier kein Thema, weil es sie selber nicht betrifft. Doch Gelder, die für den sozialen Wohnungsbau bereitgestellt werden sollten, fließen in die Verminderung von Schuldenaufnahmen. Das ist nicht nur kurzsichtig, sondern auch zutiefst ungerecht. Es ist nicht akzeptabel, dass große Investoren sich von ihren Verpflichtungen freikaufen können, während die Stadt die Bedürfnisse ihrer Bürger ignoriert. Unser Antrag, die über 3 Millionen Euro eines Investors in den dafür vorgesehenen Topf fließen zu lassen, wurde kurzerhand durch eine Mehrheit hier im Stadtrat abgelehnt. Diese Sparwut wird hier dann als Generationengerechtigkeit von allen Seiten beklatscht. Auch von allen die ein S für Sozial in ihrem Parteinamen stehen haben.
Bamberg vertagt den Klimaschutz
Wir müssen auch über den Klimaschutz sprechen. Es ist alarmierend, dass wir in diesem Jahr global das 1,5-Grad-Ziel gerissen haben. In Bamberg liegen wir schon lange darüber. Die Auswirkungen sind bereits jetzt spürbar: Überschwemmungen, Hitzewellen und Umweltkatastrophen weltweit nehmen zu. Auch in Bamberg sehen wir die Zunahme der Starkwetterereignisse. Unsere Stadt ist nicht ausreichend darauf vorbereitet, unternimmt nicht genug, sondern opfert Klimaschutzmaßnahmen. Stellen für den Klimaschutz werden nicht eingerichtet, weil wir einen rigiden Stopp für Neuanstellungen in der Stadt verhängen, selbst wenn diese zu 100 % gefördert werden, wie für ein kommunales Energiemanagement oder Klimaschutzmanagement.
Wir könnten Mittel, für die Bekämpfung der Klimakrise z.B. aus den überschüssigen Geldern zum Jahresabschluss 2022 bereitgestellt, dies wurde u.a. von den Grünen abgelehnt, mit dem Verweis, es müssten erst einmal Stellen geschaffen werden. Diese werden jetzt ebenfalls eingedampft. So kommen wir auch hier keinen Schritt weiter.
Immerhin konnte die Subvention durch städtische Gelder an Tönnis und Co. mit der Schließung des Schlachthofes endlich beendet werden. Eine Schließung, die schon damals, vor der Umwandlung in die GmbH, wie von uns gefordert, hätte erfolgen müssen, hätte uns einiges an Ausgaben erspart und mehr Zeit für die Umstrukturierung kleiner Betriebe bedeutet. Aber ähnlich wie bei den Jahresabschlüssen interessiert das im Nachhinein dann niemand mehr. Vielleicht vergegenwärtigen Sie sich das mal, wenn Sie wieder davon reden, dass die Bamberger Linke denkt, das Geld wächst auf den Bäumen.
Die Kultur braucht mehr als Einmalzahlungen
Wir haben die Möglichkeit, eine nachhaltige und inklusive Stadt zu gestalten, in der Kultur und Teilhabe für alle Menschen zugänglich sind. Doch stattdessen erleben wir ein Moratorium gegen den Weiterbau wichtiger kultureller Einrichtungen, damit meine ich nicht Luftschlösser wie ein Museum am Michaelsberg, sondern wie der Reithalle, für die Gelder bereits eingestellt und Beschlüsse gefasst sind. Dies ist nicht nur ein Verlust für die Kultur, sondern auch für die Gemeinschaft, die in unserer Stadt dadurch geschwächt wird.
Wir müssen uns fragen, warum wir zögern, in die Zukunft zu investieren und den Menschen die Teilhabe zu ermöglichen, die sie verdienen. Damit wird auch eine Weiterentwicklung des Bamberger Ostens ausgebremst.
100.000 Euro Einmalzahlung für irgendetwas mit Kultur helfen da auch nicht wirklich, vor allem wenn diese dann am Ende wieder unverhältnismäßig hohen Mietforderungen für ehrenamtliches Engagement bei der Bespielung von Leerständen zum Opfer fallen. Wieso kann sich da keiner Durchringen diesen Betrag in den Globalbetrag für Kultur aufzunehmen, wie von uns beantragt? Wieso weigern wir uns diese und andere Budgets wenigstens an die Inflation anzupassen?
Stadtratsmehrheit hat kein Interesse an Alternativen
Es ist frustrierend zu sehen, wie eine Politik der Angst und des Sparens das Handeln behindert. Der Kämmerer und die unterstützenden Parteien scheinen mehr an der Aufrechterhaltung des Status quo interessiert zu sein als an echten Lösungen für die Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind. Wir erleben, wie die soziale Unterstützung abgebaut wird, während gleichzeitig die Wut und das Unverständnis in der Bevölkerung zunehmen. Diese Entwicklung ist alarmierend und erfordert unser sofortiges Handeln. Doch eine Alternative zum Verharren wie das Kaninchen vor der Schlange sieht unser Kämmerer nicht. Muss er auch nicht. Die politischen Entscheidungsträger sind wir hier im Stadtrat. Oder denkt hier jemand, unser Kämmerer verfolgt eine politische Agenda?
Ich möchte auch eine ganz persönliche Note einbringen. Es ist desillusionierend, hier im Stadtrat zu arbeiten und zu sehen, wie die Bedürfnisse der Menschen ignoriert werden. Die Realität, mit der wir konfrontiert sind – Menschen, die auf der Straße stehen, ohne Hilfe und Unterstützung – ist nicht akzeptabel. Es ist eine Schande, dass wir in einer Stadt leben, in der Kinder nicht zu ihrem ersten Schultag antreten können, weil sie mit ihrer Mutter just an diesem Tag aus der städtischen Wohnung geräumt werden. Soziale Gerechtigkeit und Unterstützung für die Schwächsten sieht anders aus.
Der Haushalt verharrt im Status Quo
Wir müssen uns gemeinsam für eine andere Politik einsetzen. Eine Politik, die soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, Demokratie und kulturelle Teilhabe in den Mittelpunkt stellt. Wir müssen die Stimmen derjenigen hören, die oft nicht gehört werden, und uns für ihre Rechte und Bedürfnisse einsetzen. Es ist an der Zeit zu handeln. Mit diesem Haushalt verharren wir jedoch und deshalb werden wir ihn nicht mitgehen.