Sonntagsschutz gebrochen
Der Bamberger Stadtrat stimmte am Mittwoch, den 26.10.2021 mit 21 zu 19 Stimmen für einen verkaufsoffenen Sonntag am ersten Advent. Damit wird nicht nur mit dem Wunsch der Kirchen, Sozialverbände und Gewerkschaften gebrochen, sondern auch der Arbeitnehmer*innenschutz aufgeweicht und Profitinteressen vor Erholungs- und Familieninteressen gestellt.
Es stand auch im Raum, da trotz geltenden rechtlichen Bestimmungen und einschlägigen Bewertungen von Seiten des Bundesverfassungsgerichts dieser Antrag gestellt wurde, dass gegen die beschlossene Genehmigung geklagt wird. Nun stellte erwartungsgemäß die Allianz für den freien Sonntag eine Aufsichtsbeschwerde bei der Regierung von Oberfranken. Eine Verhandlung, welche zu hoher Wahrscheinlichkeit den verkaufsoffenen Sonntag wieder kippen wird, ist letztlich nur herausgeworfenes Geld einer Stadt, die bereits kürzt, wo es nur geht.
Die Sorgen des Einzelhandels und seiner Beschäftigten sind ernst zu nehmen. Durch die Ladenschließungen und einschränkenden Hygienemaßnahmen sind Umsätze und Gewinne ausgeblieben. Die stetige Verschiebung zum Online-Handel tut ihr übriges. Allerdings lehnen sowohl die Bamberger Linke Liste, als auch Die PARTEI es kategorisch ab, dass erneut von Beschäftigten die Folgen der Krise getragen werden sollen.
Fraktionssprecher Stephan Kettner sagt dazu folgendes: „Die Forderung nach verkaufsoffenen Sonntagen ist eine Ohrfeige für die Beschäftigten im Einzelhandel. Deren Arbeitszeiten sind jetzt schon familienunfreundlich. Die Beschäftigten arbeiten seit über 1,5 Jahren unter hohem Risiko und wurden dafür noch vor kurzem als Helden beklatscht. Es braucht Lösungen, die nicht deutlich zu Lasten der Beschäftigten gehen.“
Die Kirchen, Gewerkschaften und die Allianz für den freien Sonntag haben bereits Gegenpositionen veröffentlicht und ihren Unmut kundgetan. Dabei wurde der gesamte Stadtrat gebeten, dem Antrag des Stadtmarketings in Persona des Fraktionsvorsitzenden der SPD nicht zuzustimmen. Dass ein so großer Teil des Stadtrats dieser Bitte nicht nachkam, lässt tief in das sozial-, arbeits- und wirtschaftspolitische Denken dieser Stadtvertreter*innen blicken.
Jetzt die Tage des Miteinanders gegen ökonomische Interessen auszuspielen, ist lediglich die Fortsetzung der Priorisierung des Kapitals vor dem eigentlichen Leben der Menschen.
Letzten Endes ist es eine ganz einfache Frage: Wollen wir es als Gesellschaft zulassen, dass auch der letzte geschützte Tag für Familie, Muße, Spaß, Erholung, Ehrenamt oder Sport immer weiter ausgehöhlt wird, bis er letztlich verschwindet? Sind wir es nicht den Beschäftigten, die uns unter hohem Risiko in der Pandemie versorgten, schuldig, dass auch sie gute Arbeitsbedingungen haben?
Wir finden ja.