Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Starke,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Glüsenkamp,
wir beantragen, dass der Vorschlag der planersocietät zum Verkehrsentwicklungsplan
2030 (VEP 2030) in folgenden 4 Punkten geändert bzw. ergänzt wird:
1) Angebot eines jährlichen 180 €-Tickets anstelle des aktuell formulierten Angebots
eines 365€-Tickets; das 180 €-Ticket soll kurzfristig als ÖPNV-Sozialticket
für ökonomisch Minderbegünstigte angeboten werden.
2) Erhöhung der Zielsetzung für den Anteil des sog. Umweltverbunds am Gesamtverkehr in der Stadt Bamberg auf 80% (anstelle des aktuell formulierten Ziels von 75%); innerhalb des Umweltverbunds soll eine konkrete Zielsetzung für den
ÖPNV-Anteil am Verkehr formuliert werden (wir schlagen vor: Anteil von 20%
des Gesamtverkehrs).
3) Einführung einer Schlüsselmaßnahme „Qualitätsschub und Angebotsausweitungen im städtischen ÖPNV„.
4) Einführung von Maßnahmen zur Stärkung des Kfz-Parkens in der städtischen
Peripherie oder im Umland, vorrangig für Pedler*Innenverkehr und auch als kostenfreies Bewohner*Innen-Parken (anstelle der aktuell formulierten Stärkung des Parkens in innerstädtischen Parkanlagen).
Zu diesen Themen beantragen wir folgende einzelne konkrete Änderungen am Entwurf des VEP 2030 der planersocietät:
ad 1) 180€-ÖPNV-Ticket
lm Handlungsfeld „Öffentlicher Verkehr“ wird in der Schlüsselmaßnahme S14-
„Tarifgestaltung und Abbau von Hemmnissen“ (S. 37) die konkrete Maßnahme „365-
€-Tickets für jede*n ermöglichen“ in folgender Weise neu formuliert:
„180€-Ticket kurzfristig für ökonomisch benachteiligte Stadtbewohner*Innen, mittel- oder langfristig für alle Stadtbewohner*Innen“.
Begründung;
Die Einführung eines Jahrestickets zum Preis vom 365 € würde in der Stadt Bamberg
keine Tarifgestaltung darstellen, die den ÖPNV aus finanziellen Gründen attraktiver
macht (als bisher); denn: ein Jahresticket für die Stadt Bamberg ist schon jetzt
wesentlich günstiger erhältlich, nämlich für 250,80 € pro Jahr (bei Ausschluss der
morgend lichen Stoßzeiten).
Die Einführung eines 180€-Tickets zunächst als Sozialticket für ökonomisch minderbegünstigte Bewohner*Innen verfolgt das Oberziel der „Gesellschaftlichen Teilhabe bzw. Mobilität für alle“ (S. 4), hier für gleicherweise verfügbare Mobilität auch für Bewohner mit geringem Einkommen oder Vermögen. Die bisherige Version des VEP 2030 benennt diese Mobilität zwar explizit als Zielsetzung, es enthält aber in keinem der Handlungsfelder eine konkrete Maßnahme zur Umsetzung dieses Ziels.
ad 2) auf den Modal Split bezogene Zielsetzungen
Beim Oberziel „Förderung des Umweltverbundes (Fuß, Rad, ÖPNV)“ beantragen
wir
a) eine höhere konkrete Gesamtzielsetzung von 80% Verkehr im Umweltverbund bis
zum Jahr 2030 und
b) eine spezifische Zielsetzung von 20% Verkehrsabwicklung im ÖPNV als konkretes
Ziel (S. 5)
Begründung:
Auf S. 8 des VEP-Entwurfs ist das Zielformuliert, dass die C02-Emissionen aus dem
Verkehr in Bamberg bis 2030 um 60% vermindert werden sollen. Mit einer
Zielsetzung von „75% Verkehr im Umweltverbund“ (also 25% MIV) läßt sich dieses
CO2-Reduktionsziel nicht erreichen:
Die Senkung des PKW-Anteils von aktuell 41% auf dann 25% des Verkehrs würde
eine Senkung PKW-Verkehrs und des CO2-Ausstoßes um knapp 40% bedeuten. Das
Ziel der COz-Emissionssenkung um 60% wird/würde damit verfehlt und ist/wäre auch
mit zusätzlichen Maßnahmen der CO2-Einsparung im Verkehr nicht erreichbar.
Mit der erhöhten Zielsetzung „80% Umweltverbund“ werden die in 2017 im Stadtrat
beschlossenen diesbezüglichen Ziele angehoben. Dies reflektiert die höhere Priorität, die der Stadtrat in der Klimasondersitzung 2020 der COz-Reduzierung zugeschrieben hat („Der Stadtrat erkennt die Eindämmung der Klimakrise … als Aufgabe von
höchster Priorität an“).
Die konkrete Zielsetzung eines ÖPNV-Anteils von mindestens 20% im Jahr 2030
geht davon aus, dass der ÖPNV in Bamberg aktuell einen im Vergleich zu anderen
Städten geringen Anteil aufweist und dort Zuwächse leichter erreicht werden können
als im Fahrrad-Anteil, bei dem Bamberg jetzt schon einen relativ hohen Anteil
verwirklicht hat. Die Festlegung einen konkreten Zielwerts für den ÖPNV-Anteil soll
einen konkreten Ansporn darstellen.
ad 3) Angebotserweiterung im ÖPNV
lm Handlungsfeld „Öffentlicher Verkehr“ soll eine zusätzliche Schlüsselmaßnahme mit dem lnhalt „Qualitätsschub im städtischen ÖPNV“ aufgenommen
werden. Wir schlagen vor, dies als Schlüsselmaßnahme S11b vorzunehmen. Als
Einzelmaßnahmen sind darunter u.a. zu subsumieren: „Angebotsausweitungen im städtischen ÖPNV: Ausweitung der angebotenen Linien, Erhöhung des Bedienungstakts, Verkürzung von Fahrzeiten, weitere umstiegsfreie Direktverbindungen von Stadtteilen ohne Umweg über den ZOB, flexible On-Demand-Systeme“.
Begründung:
Mit der Schlüsselmaßnahme S11 „Qualitätsschub im regionalen ÖPNV“ werden zwar
ähnliche Maßnahmen vorgeschlagen und aufgeführt, sie sind dort aber durch das
Label „regional“ nur auf den den Stadt-Umland-Verkehr bezogen. Entsprechende
Änderungen im städtischen ÖPNV sind dort nur als Folgemaßnahmen zur Ergänzung
von Änderungen im Stadt-Umland-Verkehr angesprochen. Erst mit der Aufnahme
einer weiteren Schlüsselmaßnahme, die explizit eine Angebotsausweitung im städtischen ÖPNV zum Inhalt hat, erhält das VEP-Ziel der Erhöhung des ÖPNV-Anteils
am städtischen Verkehr die nötige Fokussierung.
Die von uns vorgeschlagene Angebotsausweitung im städtischen ÖPNV könnte –
alternativ – dadurch in den VEP aufgenommen werden, dass die Schlüsselmaßnahme
S-13 „Direktverbindungen zum Bahnhof inhaltlich erweitert wird zur Schlüsselmaßnahme „S-13 Angebotsausweitung im städtischen ÖPNV‘. Diese Schlüsselmaßnahme enthält schon in der aktuellen Version einzelne der von uns geforderten konkrete Einzelmaßnahmen, sie sind dort allerdings durch die Überschrift „Direktverbindungen zum Bahnhof‘ auf diese Verbindungen bzw. Linien beschränkt.
ad 4) Stärkuns des innenstadt-entfernten Parkens
Im Handlungsfeld „Straßennetz und Pkw-Verkehr“ ist die Schlüsselmaßnahme S-
20 mitsamt der darunter aufgeführten Einzelmaßnahmen inhaltlich wesentlich
verändert zu formulieren. Sie lautet jetzt „Attraktivierung von Tiefgaragen und
Parkhäusern“ und zielt auf die Attraktivierung innerstädtischen Parkens in diesen
Anlagen. Die Schlüsselmaßnahme soll stattdessen das Parken möglichst außerhalb
der lnnenstadt (in Mobilitätsstationen an den Stadt-Eingängen oder im Umland)
vorsehen und deshalb attraktiver machen. Die relevanten Einzelmaßnahmen dazu
müssen dementsprechend zu Ungunsten innerstädtischen Parkens und zu Gunsten
des Parkens an der Peripherie formuliert werden.
Begründung:
Eine Attraktivierung von innerstädtischen Parkanlagen, sei es baulich oder durch
tarifliche Maßnahmen, fördert das Parken in diesen Anlagen. Das ist zwar zunächst
begrüßenswert insofern, als es Straßenraumparken vermindert, es ist aber auf
längere Sicht unzureichend. Denn es fördert Parken in der lnnenstadt und zieht
damit weiterhin Verkehr aus dem Umland oder aus den Stadtteilen in die lnnenstadt.
Wir wollen stattdessen die lnnenstadt und die Zufahrten aus den Stadtteilen weiter
entlasten, wollen den Verkehr dort so weit wie möglich MIV-frei gestalten und den
COz-Ausstoß aus diesem Verkehr so weit wie möglich reduzieren. Wir wollen die
Innenstadt nicht nur vom Parksuchverkehr entlasten, sondern wollen lnnenstadt und
Einfallsstraßen auch vom Anfahrtsverkehr entlasten. Dazu soll nicht das Parken in
innerstädtischen Anlagen attraktiver gemacht werden, sondern das Parken am
Stadtrand oder in den Herkunftsorten im Umland; parallel dazu muss das Erreichen
der (lnnen-) Stadt mit dem Fahrrad oder dem ÖpNV attraktiver gestaltet werden und
die (lnnen-)Stadt muss mit Fahrrad und ÖpltV leichter erreichbar sein als mit dem
Pkw. Vermehrtes Parken an der Peripherie vermindert Verkehr und Co2-Ausstoss im
Stadtgebiet, hinterläßt günstiges und verträgliches Anwohner-Parken in den Parkanlagen der lnnenstadt (statt im Straßenraum) und ermöglicht kostenloses Parken für Bewohner an der Peripherie.