Der Fraktion ist bewusst, dass die derzeitige Situation an der Unteren Brücke, speziell in den Sommermonaten, keine einvernehmliche Lösung für alle Interessengruppen bietet. Bereits vor Corona war und ist die Untere Brücke ein Treffpunkt für junge Menschen aus verschiedensten Kreisen. Ein Ort, der wie kaum ein anderer für ein gemütliches Beisammensein vor der wunderschönen Kulisse der Weltkulturerbestadt einlädt.
Leider steht der Wunsch, bzw. eher das Verhalten, der nächtlichen Besucher*innen dem Bedürfnis nach Ruhe und Frieden der Anwohner*innen entgegen. Daher befasst sich der Stadtrat bereits seit geraumer Zeit damit und kam schon in der Vergangenheit mit allerlei tollkühnen Ideen um die Ecke. Allen voran die „sogenannte“ Störbeleuchtung, welche statt zu stören, wohl eher den Raucher*innen das Drehen erleichtert. Aber es zeigt, dass der Stadtrat sich damit beschäftigt und sich auch nicht vor innovativeren Maßnahmen scheut. Nur leider sind nicht alle Vorschläge und Maßnahmen bis zum Ende durchdacht. Ähnlich scheint es auch mit der Bewirtung der UB zu sein.
Fraktionssprecher Stephan Kettner sieht noch sehr viele offene Fragen bezüglich der Bewirtschaftung und mahnt: „Hier sollen wir zustimmen den öffentlichen Raum einzuschränken und zu kommerzialisieren, indem eine wichtige Verkehrsader verengt werden soll; eine Überquerung mit dem Rad soll künftig ganz verboten sein. Das Verweilen in dem öffentlichen Raum wird dann nur noch im Gastrobereich mit Verzehrzwang möglich sein. Der Rettungsweg wird erheblich verengt und beträgt dann von Tischkante zu Tischkante 3,8 m also ein Schullineal mehr als von den Rettungsdiensten gefordert, hier wird nicht gesehen, dass Bewirtungspersonal und auf freie Plätze wartende Menschen neben den Touristengruppen und anderen Besucher*innen, die die Aussicht auf klein Venedig genießen, den Raum zusätzlich beengen. Es wird ein Kühl-Ausschankwagen von Nöten sein, der an einer nahegelegenen Stelle zusätzlich Platz einnimmt. Zusätzlich soll nach Feierabend ein Sicherheitsdienst installiert werden, der auch nach Gastroschluss noch die Garnitur bewachen und die Untere patrouillieren soll. Hier liegt der eigentliche Sinn in der ganzen Aktion, nämlich die Übernahme der Aufsicht zu Ruhe und Ordnung durch einen, für die Stadt kostenlosen, Sicherheitsdienst.
Interessant scheint mir die Frage, was die Fraktionen, die diese Idee jetzt unterstützen – sie lassen sich in der Vollsitzung leider größtenteils nicht streamen – dazu sagen würden, wenn wir eine Straße für den Autoverkehr in den Sommermonaten sperren würden, damit wir Bänke und Tische dort platzieren. Da hätten wir aber gleich einen Aufschrei bei den in Bamberg vertretenen Autoparteien. Ich frage mich außerdem, ob wir hier zusätzliches Konfliktpotential schaffen wollen, indem wir die Brücke, dann auch schon ab den Morgenstunden unnötig verengen, oder vielleicht endlich mal anfangen uns um die Menschen zu kümmern, um die es eigentlich geht. Um die jungen Menschen, welche in den letzten beiden Jahren eine nie dagewesene Einschränkung erlebt haben. Wo ist hier die sozialräumliche Arbeit in der weiter existierenden Partymeile Sandstraße? Unsere Fraktion begrüßt es ausdrücklich, dass wir nach alternativen Locations suchen, an denen ungestört auch mit Musik im Freien länger gefeiert werden kann. Hier muss jetzt aber etwas Konkretes vorgelegt werden und nicht nur bei einer vagen Willensbekundung bleiben.
Neues Fraktionsmitglied und frisch in den Stadtrat berufene Alina Achtziger ist ebenfalls enttäuscht (aber nicht überrascht), wie viele Parteien tatsächlich gegen das Interesse der Bürgys abstimmen. „Erst jammern alle rum, wie die Jugend zurückstecken musste in der Pandemie, und wie schlecht das Gastronomie-Konzept durchdacht ist, aber wenn dann abgestimmt wird, ist die Jugend egal und der Gastronomie wird trotzdem zugestimmt. Wenn man wirklich dafür sorgen wollte, dass die nächtliche Stadtkultur angenehmer und sicherer für alle wird, hätte man sich ja für ein Awareness-Team oder eine Nachtbürgermeisterin aussprechen können, aber das könnte ja Geld kosten und wurde daher natürlich abgelehnt. Und bevor die alten Männer im Stadtrat auch nur einen Cent zu viel in die Jugend, in seine Bürgys und deren Schutz investiert, stimmt man lieber für ein schlechtes Gastronomiekonzept, das die Innenstadt verschandelt, dafür aber wenigstens, so die Hoffnung, die ganzen saufenden Assis von der Brücke vertreibt. Danke für nichts.“
Kettner ergänzt abschließend: „Die Nachtkultur hat sehr stark in den letzten Jahren in Bamberg gelitten. Beispiele kennt fast jede/r, wie das viel zu späte Intervenieren beim Sound n Arts Gebäude oder der Wegfall des Morph Club ohne Ersatz. Das treibt die Leute zwangsläufig in den öffentlichen Raum. Und dann kommen noch die Corona-Einschränkungen…
§30 Landesstraf- und Verordnungsgesetz macht die Tür auf für Kontrollieren des mitgeführten Gepäcks von Menschen in der Stadt. Das kann nicht im Sinne einer freien Gesellschaft sein. Es ist außerdem festzuhalten, dass es eine Grundlage für diese Durchführung geben muss, sie bietet Angriffsfläche und ist hier nicht klar umschrieben. In der Sitzungsvorlage ist von Ansprachen an das Publikum auf der UB die Rede und uns wurde auch schon mal mitgeteilt, dass Streetworker auch schon mal dort waren, was nichts gebracht hätte. Die Frage nach dem Konzept und der Auswertung einer Maßnahme bleibt aber weiter unbeantwortet, weil es derlei nicht gab. Was fehlt ist eine organisierte Kommunikationsoffensive.“
Die FRAKTION wird weiter am Konzept für ein Awareness-Team arbeiten und dies an geeigneter Stelle neu einbringen. Dabei sollen die Erfahrungen anderer Städte berücksichtigt werden.
* Ein Awareness-Team besteht aus geschulten Personen, vorzugsweise Street/- und Sozialarbeiter*innen, die als erste niedrigschwellige Instanz des Opferschutzes gelten und sich in Party-Hotspots (Sandgebiet) oder Großveranstaltungen (Sandkerwa) um betroffene Menschen kümmern. Ihnen soll im besten Fall ein eigener Schutzraum in der Nähe zur Verfügung gestellt werden von Seiten der Stadt. Dieses Team stellt keine Art von Miliz, Sicherheitsdienst oder dergleichen dar sondern beschäftigt sich einzig mit dem physischen und emotionalen Schutz und den Bedürfnissen der betroffenen Person vor Ort.